Man nennt mich Jim. Irgendwie kommt mir diese Phrase bekannt vor, ich kann aber nicht sagen woher. Man nennt mich Jim. Als ich von meinem Tagebuch, in dem ich gerade blätterte aufblickte, sah ich diesen Jungen. Braune Augen, braune lockige Haare, ein sympathisches Lächeln. Er ist 15 Jahre alt und heißt eigentlich James Hudley, aber alle sagen nur Jim zu ihm. Mir ist zum ersten Mal aufgefallen, dass ich von allen anderen nur den Vorname kenne. Jim lebt hier zusammen mit seinem Onkel. Seine Eltern sind vermutlich tot. Zumindest gelten sie aber als vermisst. Jim bat mich ihm ein wenig von der „Außenwelt“ zu erzählen. Also las ich ihm Teile aus meinem Tagebuch vor. Die intimsten Gedanken habe ich natürlich weggelassen. Aber es war nett einen interessierten Zuhörer zu haben.
Wir saßen eine ganze Weile in der angenehmen Sonne, als plötzlich in einiger Entfernung von uns Aufregung entstand. Wir eilten hin und sahen, dass die Jagdgruppe zurückgekehrt war. Die „Neuen“ schienen sehr aufgeregt, nur Ramon war ein wenig gefasster. Er erzählte uns, dass sie Gigger gesehen hatten. Offenbar waren sie uns gefolgt, aber scheinbar nicht sehr schnell unterwegs. Jetzt kamen sie aber dem Dorf immer näher. Die Beute hätten sie vor Schreck liegen lassen und Ramon meinte die sollte man besser in der Nacht holen. Der Mann, den ich nur den „Bürgermeister“ nenne, weil er in dem Dorf den Ton anzugeben scheint (seinen richtigen Namen kenne ich nicht), ließ sofort Wachen postieren. Uns zitierte er in sein Büro, wo er uns eine Standpauke hielt, wie wir nur so leichtsinnig sein konnten diese Wesen hier her zu führen. Gerade so als hätten wir das absichtlich getan. Ramon versuchte ihm klar zu machen, dass wir ja nur geflohen sind und nicht von diesem Dorf hier wussten. Die anderen blieben stumm, genau wie ich. Irgendwie war uns allen die Situation unangenehm und wir wollten auf keinen Fall andere Menschen gefährden. Schließlich schaltete sich Sophie ein, die sichtbar froh zu sein schien, dass Ramon wieder heil zurückgekehrt ist. Sie erklärte, dass wir v.a. froh waren andere Menschen anzutreffen. Noch dazu in einer gut organisierten Gemeinschaft. Auch Natalie, die mitgegangen war redete auf den „Bürgermeister“ ein und meinte diese Viecher hätten das Dorf vermutlich ohnehin früher oder später entdeckt und seien vielleicht gar nicht uns gefolgt. Sie meinte es sei ohnehin ein Wunder, dass das nicht schon viel eher passiert ist. Irgendwie beruhigte sich der „Bürgermeister“ dann wieder. Wir erzählten ihm alles, was wir über die Gigger wissen, was zugegeben nicht sehr viel ist. Dann beschlossen wir noch eine Gruppe zusammenzustellen, die die zurückgelassene Beute her bringt. Da wir gewohnt waren in der Nacht durch den Wald zu laufen, sollte Ramon diese Gruppe anführen. Merkwürdigerweise wollte er auch mich dabei haben. Aber ich sagte natürlich ohne zu zögern zu. Jim, der uns belauscht hatte, wollte auch mit, aber wir anderen waren uns einig, dass er dafür noch ein wenig zu jung ist.
Jetzt sitze ich hier, warte bis wir los gehen und vertreibe mir die Zeit damit ins Tagebuch zu schreiben. Bis jetzt haben die Wachen jedenfalls keine Gigger gesichtet.


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50. Eintrag

Wir sind nun schon seit ein paar Tagen in dem Dorf. Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann hat hier niemand das Problem, dass er sich nicht daran erinnern kann was geschehen ist als die Gigger aufgetaucht sind.  Deshalb versteht auch niemand warum es für mich so wichtig ist, dieses Tagebuch zu haben. Sie wollen alle nur vergessen, was passiert ist. Die meisten wollen nicht einmal darüber reden. Vermutlich könnte ich sie sogar verstehen, wenn ich mich an alles erinnern könnte.
Der Doc hat in den letzten Tagen einiges durchmachen müssen. Anscheinend war er wirklich ein schwerer Alkoholiker. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie der Entzug für ihn gewesen sein muss. Nach ein paar Tagen haben sich seine Symptome aber gebessert. Es sieht so aus als würde er es schaffen.
Das Dorf ist sehr gut organisiert, es gibt frisches Wasser und alle paar Tage geht eine kleine Gruppe auf die Jagd um den Rest mit Nahrung zu versorgen.
Ramon hat sich ihnen sofort angeschlossen und wurde anscheinend auch begeistert aufgenommen. Die anderen konnten sich ebenfalls gut in das Dorfleben integrieren. Nur von mir scheinen alle Abstand zu halten, also habe ich mich um den Doc gekümmert.
Auch wenn er vielleicht irgendetwas mit unserer gegenwärtigen Situation zu tun hat, kann ich ihn nicht einfach so sterben lassen. Immerhin hat er mir damals das Leben gerettet. Und was noch viel wichtiger ist, er könnte Antworten für uns alle haben.
Ich bin mir sicher, dass er ganz genau weiß, wo wir uns befinden. Nur in seinem derzeitigen Zustand bringt das nicht viel. Die Suche nach einer Gruppe, mit der ich weiterziehen könnte um meine Familie zu finden ist ergebnislos verlaufen.
Die Leute hier haben zu viel Angst den Schutz der Dorfgemeinschaft zu verlassen. Außerdem scheinen sie sich damit abgefunden zu haben, dass außer ihnen niemand überlebt hat.
Unser Auftauchen sollte ihnen doch zu denken geben. Immerhin haben wir auch überlebt!!
Sind hier wirklich schon alle so abgestumpft und nur noch aufs überleben konzentriert, dass sie das selbstständige Denken aufgegeben haben?


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