38. Eintrag

Wir haben beinahe die ganze Nacht geschlafen und das ganz ohne Wachposten. So erholt habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.
Irgendwie scheinen wir nachlässig geworden zu sein. Ramon meinte nur, dass wir nicht in Gefahr waren, weil sowieso Nacht war und die Gigger nur Tagsüber unterwegs sind.
Anscheinend ist David dann wieder eingefallen, dass er gestern gefragt hat warum wir die ganze Zeit nach Osten gehen und er wollte mit uns diskutieren, in welche Richtung wir von nun an gehen sollen.
Als ob es nicht egal ist in welche Richtung wir gehen. Wir sind mitten im nirgendwo ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben in welche Richtung sich die nächste Stadt befindet, die vielleicht noch nicht von den Giggern überfallen worden ist.
Bei allem was wir wissen - das ist nicht gerade viel - könnten wir uns in einer verlassene Gegend befinden, bei der im Umkreis von hunderten Kilometern keine bewohnte Stadt befindet. Naja, ich hab David also einfach mal mit Ramon reden lassen. Sophie hat sich nur am Anfang eingemischt, aber anscheinend ist es ihr auch egal in welche Richtung wir gehen und deshalb hat sie sich wieder um Lara gekümmert.
Ich habe in der Zwischenzeit mein Tagebuch durchgeblättert, weil ich nach einem triftigen Grund gesucht habe, warum wir ausgerechnet nach Osten gehen.
Dabei ist ein Zettel aus meinem Tagebuch gefallen, den ich vorher noch nie gesehen hab und den ich bestimmt nicht hineingelegt habe.
"Nutzt das Tageslicht, geht weiter nach Osten! D."
Hat mir der Doc die Nachricht in mein Tagebuch gelegt, oder will mich David damit verarschen? Was soll das überhaupt heißen, nutzt das Tageslicht? Sollen wir bei Tag weitergehen, oder uns an der Sonne orientieren?
Ich war ratlos, also hab ich die aussichtslose Diskussion zwischen David und Ramon unterbrochen, da sich die beiden sowieso nicht einigen konnten was sie machen wollten.
Ramon hatte auch zuerst den Verdacht, dass sich David einen Scherz erlaubt hat, doch David konnte uns glaubhaft versichern, dass die Nachricht nicht von ihm stammt.
Damit war die Sache für Ramon klar, wir gehen weiter nach Osten und zwar bei Tag. Seiner Meinung nach macht es Sinn. Wir können am Tag eine wesentlich größere Strecke zurücklegen als in den immer kürzer werdenden Nächten und wir können schneller gehen, weil wir nicht mehr über jeden Stein und jede Wurzel stolpern.
Wegen der Gigger macht er sich keine Sorgen. Er meinte die Wahrscheinlichkeit, dass sie uns angreifen ist gering und die Vorteile die es hat wenn wir bei Tag reisen überwiegen.
Ramon hat gesprochen und alle waren einverstanden. Naja, David nicht ganz. Er wollte noch immer nicht nach Osten gehen, aber Ramon hat ihn schließlich überzeugen können.
Nachdem es jeden Moment hell wird, werden wir gleich los gehen. Noch ein Marsch bei Tageslicht...ob das gut geht?


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37. Eintrag

Er hat uns nicht geweckt. Der verdammte Doc hat uns nicht geweckt. Scheinbar haben wir die ganze Nacht durchgeschlafen, denn aufgewacht sind wir alle bei helllichtem Tag und noch dazu im Freien. Kein Zelt, kein Doc, kein gar nichts. Nichts! Was ist passiert? Wo ist das Zelt hin verschwunden und wieso haben wir nichts davon mitbekommen? Wie konnte der Doc ganz alleine dieses enorme Zelt in einer Nacht abbauen und damit verschwinden? Ich weiß es nicht. Er kam mir nicht wie ein Mensch vor, der die Leute denen er gerade geholfen hat im Stich lassen würde. Interessant ist, dass die Vorräte in unseren Rucksäcken scheinbar aufgefüllt wurden und auch ein paar Medikamente sind dabei. Letztere sind scheinbar nur für Lara, denn es sind wirklich nicht viele und ich denke für mehr als eine Person werden sie kaum reichen. Das ist alles sehr merkwürdig.
Immerhin geht es Lara schon wesentlich besser, gehen kann sie allerdings nach wie vor nicht wirklich. Das ist aber kein Problem, ich trage sie gerne, von mir aus auch wenn sie wieder vollkommen gesund ist.
Da wir mitten am Tag im Freien aufgewacht sind, waren wir uns nicht sicher was wir machen sollten. Weitergehen, weil es sowieso schon egal ist oder uns irgendwo in der Nähe einen Unterschlupf suchen. Wir haben uns für zweiteres entschieden und sind geschlossen aufgebrochen um irgendeinen sicheren Ort zum verweilen ausfindig zu machen, jedoch ohne Erfolg. Wir sind auf meinen Vorschlag hin Richtung Osten gegangen, um, wieder einmal, dort unser Glück zu versuchen. Nachdem wir eine Weile gegangen waren hat David auf einmal gefragt, weshalb wir eigentlich ständig Richtung Osten gehen. Ramon hat ihm geantwortet, dass es meine Idee gewesen sei. David hat daraufhin seine Frage direkt an mich gestellt, woraufhin ich begonnen hab über den Grund nachzudenken. Ich konnte mich erinnern in meinem Tagebuch gelesen zu haben, dass ich damals glaubte in dieser Richtung meine Familie zu finden, jedoch ist mir in diesem Moment etwas klar geworden. Wir wissen nicht einmal wo wir uns befinden. Ich hab David mit, es sei nur so ein Gefühl, geantwortet, woraufhin er mich verwundert angeschaut hat. Er hat gemeint wir sollten uns eine andere Orientierungsmethode überlegen, denn offensichtlich führt uns unser bisheriges Vorgehen zu nichts. Wir würden uns das weiter überlegen wenn wir einen geeigneten Rastplatz gefunden hätten, war alles was Ramon dazu zu sagen hatte. Als wir einen fanden, hatte aber irgendwie niemand mehr was dazu zu sagen. Vielleicht haben sie es vergessen oder einfach zu nichts mehr Lust, immerhin sind wir einigermaßen weit gegangen. Ich werde sie später darauf ansprechen, denn um ganz ehrlich zu sein würde ich mich wesentlich sicherer fühlen, wenn wir einen Plan hätten den wir alle gemeinsam verfolgen.
Was mich jetzt im nachhinein etwas überrascht und zugleich erschreckt, ist dass wir den ganzen TAG unterwegs waren und keinem einzigen Gigger begegnet sind. Da haben wir ständig so penibel darauf geachtet das Sonnenlicht zu meiden und jetzt sind wir die ganze Zeit im Licht unterwegs und nichts. Es wundert mich mittlerweile auch, dass wir keinen anderen Menschen oder zumindest ihren Leichen begegnen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier etwas ganz anderes passiert als uns glauben gemacht wird.


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36. Eintrag

Bei all der Aufregung hat keiner von uns mehr darauf geachtet in welche Richtung wir eigentlich gehen. Nicht einmal der sonst so besonnene Ramon. Wir haben hauptsächlich darauf geschaut keinen weiteren Giggern zu begegnen. Gefühlsmäßig sind wir sehr weit gegangen, obwohl wir nicht sehr rasch vorangekommen sind. Schließlich mussten wir Lara die ganze Zeit tragen.Aber wie gesagt: mir hat das nichts ausgemacht. Im Gegenteil, es hat mein Gewissen beruhigt. In der Situation war es das Einzige, das ich für sie tun konnte. Den starken Rauch, von dem wir annehmen, dass ihn die Gigger verursacht haben, sahen wir auch schon seit längerem nicht mehr. Und die Schreie rückten auch in immer weitere Ferne. Diese Monster schienen uns also nicht zu folgen. Wir gingen immer weiter, in der Hoffnung Hilfe zu finden. Sauberes Verbandmaterial, Medikamente, was auch immer. Leider haben wir damals in der Hütte nur Lebensmittel mitgenommen. Keiner von uns hatte an Medikamente gedacht. Neue Kleidung wäre auch nicht schlecht, denn jeder hat Stücke von seinem Gewand geopfert, um Laras notdürftigen Verband wechseln zu können. Wir sehen alle schon ziemlich zerrissen aus. Mittlerweile fühlte ich mich aber innerlich wieder besser. Ich hatte den ärgsten Schock wegen Lara überwunden zu haben. Ich glaube gerade weil ich innerlich wieder gefasster war, fiel mir dann plötzlich auf, dass mir die Gegend, in der wir uns befinden, irgendwie vertraut vorkam. David erblickte irgendwann in der Ferne ein Gebilde, das sich, als wir näher kamen, als Zelt herausstellte. Eines von diesen großen Grünen, wie sie auch vom Militär verwendet wurden. Wir hielten in einiger Entfernung an und beobachteten das Geschehen. Aber es geschah nichts. Niemand kam heraus oder ging hinein. Es waren auch keine Wachen zu sehen. Wir diskutierten darüber, was zu tun sei. Einerseits erhofften wir Hilfe für Lara zu finden, andererseits wollte ich nicht erneut in die Hände des Militärs fallen, was ich den anderen auch zu verstehen gab. Letztes Mal ist das ja nicht so gut gelaufen. Ramon entschied, dass er auf jeden Fall Lara zum Zelt bringen wird. Sophie war natürlich sofort dabei und auch David schloss sich an. Alleine wollte ich auch nicht zurückbleiben und abgesehen davon war es ja auch mein Ziel Lara zu helfen. Wir schlichen also möglichst leise zum Zelt und Ramon öffnete langsam den rechten Teil des Vordereingangs. Was wir da sahen erschreckte und überraschte uns, gleichzeitig waren wir aber auch erst einmal erfreut. In mitten von dem Zelt stand eine Art Trage auf der ein Gigger lag. Regungslos zum Glück. Darüber war ein Mann mit eine Art Skalpell gebeugt. Er schien uns gehört zu haben und drehte sich um. Es war Doc. Ich hätte nicht gedacht ihn wiederzusehen. Und wenn, hätte ich nicht gedacht, dass mich das freuen würde. Aber in Anbetracht der Umstände war uns jede Hilfe recht, Obwohl ich mir gleich vorgenommen habe dieses Mal mehr auf der Hut zu sein. Ich habe keine Lust wieder für irgendwelche Experimente missbraucht zu werden. Der Doc hat uns auch erkannt und wir haben ihm gleich Lara gezeigt. Er hat die Wunde versorgt und Lara schläft jetzt sehr friedlich. Scheint ein Genesungsschlaf zu sein. Doc meinte sie wird es überleben. Gott bin ich froh über diese Aussage. Ich hätte mir sonst ewig Vorwürfe gemacht. Im Augenblick ist es stockfinster draußen. Wir haben beschlossen den Tag abzuwarten. Doc meinte er hätte nichts dagegen. Ich weiß nicht was die anderen so vorhaben, aber zumindest ich werde dann so schnell als möglich hier verschwinden. Aber halt erst wenn es wieder dunkel ist. Das scheint mir immer noch sicherer zu sein. Und außerdem brauch ich wieder mal ein wenig Erholung, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich schlafen kann, in einem offensichtlichen Militärzelt und unter Docs Beobachtung. Mir kommt vieles hier suspekt vor. Nur der Doc. Der einen Gigger siziert. Was genau er sich davon verspricht und für wen er das macht, hat keiner von uns aus ihm herausgebracht. Er ist den Fragen immer irgendwie ausgewichen. Auch dass es keine Wachen gibt. Und auch sonst niemand. Wer hat das Zelt aufgebaut? Doc alleine? Er sieht mir nicht danach aus. Wer hat den Gigger getötet, falls er überhaupt tot ist. Ich muss versuchen all diese Fragen zu verdrängen. David schläft schon seit einiger Zeit. Und Sophie und Ramon habe ich vor kurzem noch miteinander flüstern gehört. Jetzt scheinen sie aber auch zu schlafen. Ich werde auch versuchen ein wenig zur Ruhe kommen. Solange Doc arbeitet, muss niemand von uns wache halten. Er hat gemeint er weckt einen von uns, wenn er sich niederlegt.

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35. Eintrag

Seit ein paar Tagen sind wir nun ständig auf der Flucht. Nur weil ich Idiot eingeschlafen bin. Der Zustand von Lara hat sich von Tag zu Tag mehr verschlechtert.
Zuerst war es nur eine klaffende Wunde, die Ramon mit den wenigen Mitteln die ihm zur Verfügung standen gut versorgen konnte. Aber so wie ich damals hatten wir auch diesmal das Problem, dass wir keine sterilen Verbandsmaterialien zur Verfügung hatten.
Als Ramon das letzte mal den Verband gewechselt hat konnte ich einen kurzen Blick auf die Wunde werfen.
Die hat sich mittlerweile entzunden und eitert fürchterlich. Der Wundrand hat sich schwarz eingefärbt. Lara hat seit gestern ziemlich starkes Fieber und ist kaum noch ansprechbar. Sie zeigt alle Symptome wie ich damals nach meiner Begegnung mit dem Gigger.

Wenn mich der Doc damals nicht versorgt hätte wäre ich bestimmt draufgegangen. Was hat er mir damals für Medikamente gegeben? Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern und mein Tagebuch ist mir diesmal auch keine Hilfe. Warum hab ich den Doc damals nicht gefragt?
Vielleicht könnten wir Lara dann helfen. So wie es jetzt aussieht überlebt sie es nicht und wenn die Anderen jemals dahinterkommen, dass es meine Schuld war werde ich ihr ins Grab folgen. David weicht seit sie verwundet wurde nicht mehr von ihrer Seite und unterhält sich die ganze Zeit mit ihr über Gott. Ich konnte es nicht mehr hören... so gesehen ist es gut, dass sie kaum noch ansprechbar ist.
Ramon macht schon wieder Druck. Er will jeden Tag so weit wie möglich gehen, um vielleicht irgendwo Hilfe zu finden. Bisher waren wir nicht sehr erfolgreich damit.
Ich würde echt gerne mal wieder länger als eine Stunde Pause machen.
Am besten wäre es einen ganzen Tag durchzuschlafen.

Vielleicht sollte ich die Gruppe verlassen. Wenn sie mein Geheimnis erfahren schmeißen sie mich sowieso raus - oder bringen mich um. David würde ich es zutrauen. Ob ihn Ramon dabei unterstützen würde?


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34. Eintrag

Vielleicht wäre es besser diesen Eintrag nicht zu machen, aber ich kann niemandem erzählen was ich jetzt niederschreiben werde und irgendwie muss ich diese Last loswerden. Meine Finger frieren noch immer von dem Horror dessen ich - wir heute Zeugen geworden sind. Das es meine Schuld ist, macht die ganze Sache nicht einfacher.
Obwohl ich schon sehr müde war, weil ich die letzten Tage nicht gut geschlafen habe und die Flucht vor den Giggern auch einigermaßen anstrengend war, habe ich darum gebeten als erster die Wache übernehmen zu dürfen. Erst schien alles gut zu laufen, ich habe versucht in kurzen, regelmäßigen Abständen von dem Fenster ins Erdgeschoß zu gehen und vor die Türe zu schauen, damit ich so viel wie möglich von der Umgebung beobachten kann. Nach einiger Zeit dachte ich mir, wenn die Gigger bis jetzt nicht gekommen sind, werden sie es heute wohl auch nicht mehr, also habe ich mich zu dem Fenster gesetzt. Das war ein ganz großer Fehler, denn nach kurzer Zeit hat mich die Müdigkeit gepackt. Noch bevor ich daran dachte aufzustehen und meine Ablöse aufzuwecken, bin ich eingeschlafen.
Geweckt wurde ich erst von einem gellenden Schrei, nur war dieser von keinem Gigger, sondern von Lara. Ein Gigger hatte sich zu uns geschlichen und begonnen Laras Bein anzunagen. Annagen ist wohl etwas untertrieben, denn als ich mich, aus dem Schlaf gerissen, zu ihr umgedreht habe, hing der Bestie ein Fetzen Haut aus dem Maul. Ramon reagierte blitzschnell, schnappte sich seinen Speer und hat sich auf den Eindringling gestürzt. Das Biest hat ihm einen harten Kampf beschert und wollte sich einfach nicht erstechen lassen. Er hat es sicher sieben, acht mal in den Torso gestochen und es ist einfach nicht gestorben. Erst als David sich mein Messer geschnappt und es der Kreatur in den Kopf gerammt hat, lag es nur noch zuckend am Boden. Habe vorher in einem meiner ersten Einträgen gelesen, dass ich so ein Ding mal einfacher zur strecke gebracht habe. Sehr seltsam. Die Konfrontation war allerdings noch nicht vorüber. Der Gigger lag zwar zuckend am Boden und machte auch keine Anstalten mehr aufzustehen, jedoch begann er ohrenbetäubend laut zu kreischen. Wieder reagierte Ramon blitzschnell und zertrümmerte mit ein paar harten Tritten den Kopf der Bestie. Während des ganzen Kampfes stand ich nur wie gelähmt vor dem Fenster und beobachtete das geschehen. Ich konnte mich nicht bewegen, weil mir vom ersten Moment an klar war, wessen Schuld der Gigger mit dem zertrümmerten Kopf am Boden und vor allem die heftig blutende Wunde an Laras Bein war.
Ich habe den Anderen erklärt, dass sich der Gigger hinter meinem Rücken hereingeschlichen haben musste, aber es interessierte niemanden, weil alle zu beschäftigt waren eine provisorische Trage für Lara herzustellen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich auch wieder unter Kontrolle gehabt und mitgeholfen die Trage zusammenzubauen.
Als wir mit der Konstruktion fertig waren und Lara auf sie gehoben haben, warf David die Frage in den Raum, ob wir sie vor dem Transport nicht erst versorgen sollten. Ramon meinte dazu nur, dass wenn wir noch länger bleiben, uns wahrscheinlich noch mehr Gigger besuchen würden. David erwiderte diese Aussage mit einem nicht allzu zufriedenen Gesichtsausdruck, sagte aber nichts weiter und wir machten uns ohne Verzögerung auf den Weg. Wir sind wieder weiter in den Wald gegangen, weg von der Stadt und der Mühle. Ich habe mich freiwillig gemeldet Lara zu tragen, was das Mindeste war, das ich machen konnte, nach dem was ich getan habe. David hat sie mit mir getragen, die meiste Zeit zumindest. Als er keine Kraft mehr hatte, hat ihn Ramon abgelöst.
Wir sind weit gegangen, sehr weit und das obwohl wir bei Tageslicht unterwegs waren. Erst als es schon recht finster war, sind wir stehen geblieben. Wir haben uns neben einer hohen Mauer niedergelassen, nicht unbedingt das beste Versteck, aber es muss wohl ausreichen.
Dort angekommen ist Lara, die den Großteil unseres Marsches geschlafen hat, wieder munter geworden. David hat sich sofort zu ihr gesetzt und mit ihr gesprochen, während Ramon ihre Wunde so gut er konnte gereinigt und versorgt hat. Ich bin nicht unweit von den dreien gesessen und habe mit Sophie gesprochen, eigentlich mehr zugehört als sonst etwas. Ich weiß auch gar nicht mehr wirklich was sie geredet hat, aber es kam mir so vor als wäre es größtenteil wirres Zeug gewesen. Sie hat wohl das kürzlich erlebte nicht allzu gut aufgenommen. Ich habe aber auch nicht wirklich gut zugehört, nur ab und zu mal genickt, beziehungsweise den Kopf geschüttelt, während ich bei dem Gespräch zwischen Lara und David zugehört habe. Sie hat zu diesem Zeitpunkt sehr schwach ausgesehen.
Offenbar hat Lara nie wirklich an einen Gott geglaubt. Diese Einstellung hat der Verlust ihres Mannes und Sohnes nur bestärkt und als die Gigger vor ihren Augen Menschen in Stücke gerissen haben war sie sich sicher, dass ein Gott so etwas nicht zulassen würde. Sie hat sich nie die Schuld für den Tod ihres Kindes und Mannes gegeben, obwohl sie ihren Sohn am Unglücksmorgen in die Schule bringen sollte. Ihr war klar, dass ihr oder jedem anderen das genauso passieren hätte können, wofür sie sich allerdings die Schuld gibt, ist der Streit mit ihren Eltern, der dazu geführt hat, dass sie sieben oder acht Jahre nichts mehr voneinander gehört haben. Sogar schlimmer scheint für sie zu sein, dass ihre Eltern nie deren Enkel sehen durften. Dann hat sie begonnen zu weinen und David gefragt, ob das eine Sünde sei, sie wolle nämlich nicht in die Hölle, woraufhin sie in den Himmel rufend Gott um Vergebung und um ihr Leben gebeten hat. David hat ihren Kopf genommen und sanft gegen seine Brust gedrückt, damit sie nicht weiterrufen konnte. Er hat sie am Kopf gestreichelt um sie zu beruhigen, woraufhin sie ruhiger wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Ramon mit seinem Verband bereits fertig und hatte sich zu Sophie gesetzt, um sie zu beruhigen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie aufgehört hat zu reden.
David hat sich bereit erklärt die erste Wache zu übernehmen und Ramon wird nach ihm den Wachdienst antreten, so kann ich endlich mal in ruhe rasten, falls ich es schaffen sollte einzuschlafen.
Jetzt wo ich meinem Tagebuch die heutigen Ereignisse geschildert habe muss ich aufpassen, dass es niemandem in die Hände fällt. Wer weiß was sie mit mir machen würden, wenn sie erfahren sollten, dass ich an Laras derzeitigen Zustand schuld bin. Werde es ab jetzt als Kopfpolster verwenden, nur um auf Nummer sicher zu gehen.


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33. Eintrag

Ein anstrengender Tag liegt hinter uns. Ich hatte nicht lange geschlafen, da hat uns David aufgeregt geweckt. Die Schreie, von denen Lara behauptet hatte sie dienten zur Kommunikation der Gigger, wurden lauter, klangen aufgeregter. Und sie schienen näher zu kommen. Und es waren auch wieder vereinzelt Schüsse zu hören. Wir haben kurz beratschlagt, was wir tun sollen, aber es war schnell klar, dass sich niemand von uns den Giggern stellen wollte, mit nichts als mit Speeren bewaffnet. Nicht einmal Ramon. Also beschlossen wir den Supermarkt zu verlassen und weiterzuziehen, weg von den Giggern. Und das obwohl noch Tag war. Aber sollten diese Viecher tatsächlich bis zur Stadt kommen, ist es auch immer Supermarkt nicht mehr sicher. Wir hofften jedenfalls, dass wir in entgegengesetzter Richtung nicht auch auf Gigger treffen. Im diesem Moment war unser größtes Ziel überleben. Darum war es mir auch egal in welche Richtung wir vor diesen Monstern flüchteten. Nach Osten konnte ich später immer noch ziehen. Interessanter Weise wurde eine alte Weisheit der Menschheit wieder offenbar: in schwierigen Situationen halten wir zusammen. Wir müssen nur am Rande des Abgrundes stehen und schon klappt es. Sogar Lara half David seine Sachen zu packen. Der war zu aufgeregt und hätte seine Lebensmittel stehen gelassen, oder das was noch davon übrig ist. Wir schnappten also unsere Sachen und Ramon führte uns zum Hinterausgang. Er meinte die Glasfront des Supermarktes sei zu gefährlich, man hätte uns gleich sehen können. Also gingen wir hinten raus. Ramon voran, dicht gefolgt von Sophie. Dann David, Lara und als Schlusslich ich. Ramon öffnete vorsichtig die Tür. Da keine Gefahr zu drohen schien, schlichen wir vorsichtig hinaus. Beim Blick in die Ferne stockte uns der Atem. In Richtung Camp schien der Himmel förmlich zu brennen. Ich vermute, dass ich wohl noch nie einen dichteren und schwärzeren Rauch gesehen habe, obwohl ich mich natürlich nicht daran erinnern kann. Die Asche regnete bis hier in die Stadt. Fast wie bei einem Vulkanausbruch. Am schnellsten reagierte dieses Mal Lara als sie sagte "wir müssen hier weg". Wie auf Kommando rannten wir los. In die entgegengesetzte Richtung natürlich. Am erstaunlichsten war David. Ich wusste gar nicht wie schnell der laufen kann. Nach einiger Zeit, wir waren schon ziemlich außer Atmen, kamen wir zu einem Wald. Wir wollten weiterlaufen, doch Ramon bremste uns mit einem sehr bestimmenden "Stop". Er blickte sich um und schien die Umgebung zu sondieren. Lara meinte warum wir nicht weitergehen, doch Ramon schüttelte energisch den Kopf. Im Wald könnten wir uns zwar super verstecken, aber andererseits könnten wir unsere Umgebung nicht beobachten. Da hatte er wohl nicht unrecht. Er deutete am Waldrand entlang in die Ferne. Dort war ein Hügel, auf dem eine Art Turm steht. Er sah von der Ferne aus wie ein Leuchttum, was in dieser Gegens aber keinen Sinn macht. Er war ziemlich weit entfernt und da die Schreie der Gigger nicht näher zu kommen schienen, beschlossen wir nicht weiter zu laufen, sondern den restlichen Weg zu gehen. Als wir nach einiger Zeit, mehreren kurzen Pausen und einem anstrengenden Aufstieg auf den Hügel dort ankamen, stellten wir fest, dass es tatsächlich ein Turm ist, allerdings kein Leuchtturm, sondern die Überreste einer alten und teilweise verfallenen Windmühle. Ramon führte uns über eine baufällige Holztreppe hinauf in das Dachgeschoß. Hier sitzen wir nun und warten bis es dunkel wird. Im Dachgeschoß gibt es ein Fenster ohne Glas mit Blick Richtung Camp. Auf diese Weise haben wir einen guten Blick über die Ebene und sehen schon sehr früh, wenn Gigger kommen. Erstaunlicherweise bin ich gar nicht so müde, obwohl ich ja nicht wirklich zum schlafen gekommen bin. Ich hab Ramon angeboten die erste Wache zu übernehmen. Er ist dann nach mir dran. Er hatte noch David gelobt, weil er so wachsam war, was ihn riesig gefreut hat. Dann haben sie sich niedergelegt. Jetzt liegt es an mir wachsam zu sein.

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