40. Eintrag

Während meiner Wache ist Sophie aufgewacht. Sie meinte, sie könne nicht mehr einschlafen und wollte die Gelegenheit nutzen sich ein wenig mit mir zu unterhalten. Ich genoss die Unterhaltung sehr, weil sie ja ständig an Ramon hing. Sie hat mir einiges über sich erzählt, zum Beispiel, dass sie es liebte mit Kindern zu arbeiten und das am allermeisten vermisst. Sie hat mir auch verraten, dass sie selbst keine Kinder hat, allerdings hätte das keine physikalischen Gründe. Nachdem ich ihr ein wenig über meine Kinder erzählt habe, hat sie mir verraten, dass es ihr größter Wunsch sei selber mal welche zu haben. Dann ist sie, nachdem sie die meiste Zeit einigermaßen zurückhaltend war, scheinbar aus sich heraus gegangen und hat mir die Gründe für ihr kinderloses Dasein verraten. Sie meinte, sie hätte ständig unter Bindungsängsten gelitten und habe es mit keinem Typen länger als einen Monat ausgehalten. Dazu kam noch ihre Schüchternheit, wodurch sie grundsätzlich selten Männer kennenlernte. Seit unsere kleinere Gruppe unterwegs ist, meinte sie, fühle sie sich allerdings der Welt verpflichtet. Sie verriet mir, dass das der einzige Grund sei, weshalb sie ständig bei Ramon hinge. Sie dachte, da er ganz offensichtlich der Stärkste der Gruppe sei, müsste sie mit ihm ein Kind zeugen, wollte ihm aber nicht ihre Absichten verraten. Hingezogen fühle sie sich aber nicht wirklich zu ihm, eigentlich hätte sie sogar etwas Angst vor ihm. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich mir, dass das alles wie aus einer Tierdoku klingt und genau als mir dieser Gedanke durch den Kopf schoss, sprach sie ihn aus. Das war auch der Zeitpunkt an dem ich wieder dieses Kribbeln im Bauch ihr gegenüber bekam. Als sie weitersprach, verriet sie mir auch den Grund weshalb sie nicht schlafen konnte. Ihre Periode sei jetzt schon ein paar Tage überfällig und sie habe Angst einen Fehler begangen zu haben.
Zu diesem Zeitpunkt war es schon einigermaßen dunkel und gerade als Sophie weiterreden wollte hörte ich in einiger Entfernung, hinter mir jemanden oder etwas Niesen. Zumindest dachte ich, das es ein Niesen war. Ich sagte Sophie, sie solle die Anderen aufwecken, während ich mir mein Messer und meinen Speer nahm, um nachzusehen woher das Geräusch kam.
Mit zitternden Händen ging ich in die Richtung aus der das Niesen kam, ganz vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, um ja auf nichts zu steigen das ein Geräusch machen könnte. Hinter einem dicken Baum, der nicht unweit der Mauer stand, angekommen habe ich den Verursacher des Geräusches entdeckt.
Eine Frau saß blass und zitternd mit einem Buben, der nicht viel älter als acht oder neun sein kann, in den Armen an den Baum gelehnt. Eine Hand hatte sie vor dem Mund des Kindes, vermutlich weil es geniest hatte. Ich meinte zu ihr, sie müsse keine Angst haben und dass sie mit mir mitkommen sollte. Zu diesem Zeitpunkt war Ramon auch schon bei dem Baumstamm angekommen und begrüßte die beiden. Gemeinsam gingen wir zurück zu den Anderen.
Die Frau stellte sich als Sabrina und den Jungen als Ben vor. Als wir sie fragten ob sie wüsste was hier los sei, meinte sie, dass sie sich an kaum etwas erinnern könne, was nach dem Angriff passiert sei. Das Einzige woran sie sich sicher erinnern könne sei, dass sie vor nicht allzu langer Zeit hier aufgewacht wäre und einen Brief fand, in dem Stand, dass sie sich nicht von hier fortbewegen solle bis sie auf andere Menschen treffe. Genau das hatte sie auch gemacht, bis sie unsere Stimmen hörte. Der erste Gedanke der mir in den Sinn kam war, dass wir vorsichtiger sein sollten. Sie meinte weiter, dass sie wirklich froh sei uns zu treffen, denn ihre Nahrungsvorräte seien fast aufgebraucht. Danach zeigte sie uns wo sie die ganze Zeit gewartet hat. Am Ende der Mauer ist eine Falltüre die über eine Leiter in einen unterirdischen Raum führt. Der Raum selber ist bis auf eine verdreckte Matratze und eine ebenso schmutzige Decke vollkommen leer und hat auch keine Fenster, was bei einem unterirdischen Raum eigentlich klar ist. Die Falltüre sieht einigermaßen stabil aus und man kann sie abschließen, was natürlich sehr angenehm für uns ist, da wir so keine Wache halten müssten, haben uns aber dazu entschlossen doch wache zu halten, denn man weiß ja nie. Einziger Nachteil ist, dass es, bei geschlossener Türe, wirklich Stockfinster ist und wir auch kein Feuer machen können, da wir sonst ersticken würden.
Heute halte ich die erste Wache. Als sich alle hingelegt haben, ist Sophie zu mir gekommen und hat mir einen Kuss auf die Wange gegeben. Ich bin mir sehr sicher, dass es Sophie war, denn ich glaube ihre Locken gespürt und ihren wundervollen Duft gerochen zu haben, gesagt hat sie allerdings nichts. Ich habe wieder dieses Kribbeln im Bauch und jetzt auch Schuldgefühle. Ob diese allerdings noch gerechtfertigt sind? Ich weiß immerhin nicht ob noch irgendjemand meiner Familie am Leben ist.
Oh Mann, ich will, dass das alles endlich zu Ende ist.

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